Sie ist wieder da. Die alte Dame. Ein ganzes Menschenleben später. Zurück in ihrer Heimatstadt Güllen. Was damals geschehen ist beherrschte ihren Lebensweg und soll fortan auch das Leben ihres ehemaligen Geliebten überschatten – und es beenden. Multimilliardärin Claire Zachanassian und Alfred Ill – zuletzt sahen sie einander vor Gericht, die Leugnung Ills der früheren Affaire stürzte die junge Dame damals ins soziale Elend. Alt geworden, aber reich, steinreich, kehrt sie zurück. Sie verspricht der Bürgerschaft der bankrotten Stadt eine Milliarde, unter einer Bedingung: Alfred Ill soll sterben.
Unter der Regie von Lydia Starkulla und der Regieassistentin Kristina Günther brachte die Flames-Klasse (9./10. Jgst.) der Montessori-Schule Hausham Friedrich Dürrenmatts vielleicht berühmteste Tragikomödie am vergangenen Donnerstag und Freitag auf die Bühne des Bauerntheater Schliersee. 19 Schüler, begleitet und unterstützt von ihren Lehrern Mira Kammerer und Louise Brand, starteten das Projekt im Oktober 2022. Starkulla als professionelle Schauspielerin und Regisseurin unterstützte die Schüler mit viel Engagement und Humor bei ihren ersten Schritten auf der Bühne. Zusammen wurden Rollen ausgewählt, sich mit den Texten vertraut gemacht und mit den Proben begonnen. Die Zeit vom 6. Februar bis zur Uraufführung am 16. Februar nutzten Schüler und Lehrer dann ausschließlich für Proben und verzichteten in dieser Zeit auf den normalen Schulunterricht. Ein Investment, das sich lohnte.
Selbstbewusst und textsicher standen die 14-16-Jährigen vor den rund 200 Gästen im Bauerntheater und zogen den Kreis um den ehemaligen Geliebten der alten Dame von Akt zu Akt enger. Wie käuflich ist der Mensch? Unter welchen Umständen werden Individuen aus einem Kollektiv ausgegrenzt? Was bedeutet ein Menschenleben gemessen an umfassender gesellschaftlicher Armut? Diese und andere tiefgründige Fragen, die an ihrer Aktualität nichts einbüßen, auch wenn Der Besuch der alten Dame bereits 1956 in Zürich uraufgeführt wurde, behandelt das Stück. Auch das Komödiante brachten die Montessori-Schüler auf die Bühne. Zum einen durch die starke Interpretation der beiden Eunuchen Koby und Loby, zum anderen durch das Ensemble der Schüler gesamt, das in jedem Einzelnen die Freude an dem Projekt transportierte. Das wochenlange Üben war begleitet von Hochs und Tiefs, so wie eben auch bei professionellen Schauspielern. Am Ende gab es den wohlverdienten Preis: Ein begeistertes Publikum und minutenlanger Applaus.